Berlin unterm Regenbogen
“Ich bin schwul, und das ist auch gut so”, verkündete Berlins damaliger Bürgermeister Klaus Wowereit im Jahr 2001, und nicht erst seitdem gilt die Bundeshauptstadt als deutsches Zentrum der LGBT*-Szene. LGBT* kommt aus dem Englischen und bedeutet „Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Queer“, wobei Queer als Sammelbegriff für Menschen verwendet wird, deren sexuelle Ausrichtung oder Generidentifikation von den traditionell-konservativen Normen abweichen. Auch wenn “Wowi” seit dem Winter nicht mehr Bürgermeister ist, Berlin lebt die Vielfalt und ist und bleibt eine der LGBT*-freundlichsten Städte Europas. Pünktlich zum Christopher Street Day werfen wir einen Blick auf das queere Berlin:
Schon in den „Roaring Twenties“, als Berlin zur weltweiten Ikone für urbanen Lebensstil, ausgelassenes Nachtleben und die Welt der freien Möglichkeiten erhoben wurde, hatte die Stadt eine ausgeprägte Schwulenszene, mit Bars, Theatern und sogar Ballhäusern nur für Männer. Unter den Nationalsozialisten wurden Homo- und Transsexuelle gezielt unterdrückt, gedemütigt und verfolgt. Viele saßen Gefängnisstrafen ab, wurden in Konzentrationslager verschleppt und schließlich ermordet. Ein Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen erinnert seit 2008 gegenüber dem berühmten Holocaust-Mahnmal an die Schrecken der Verfolgung.
Nach dem zweiten Weltkrieg entstanden in Ost und West schnell wachsende Gay-Subkulturen. West-Berlin gewann seinen Ruf als queere Metropole Europas schon in den Siebzigern zurück und auch im Ostteil der Stadt entstand eine mal mehr, mal weniger vom autoritären Regime geduldete Szene der Lesben und Schwulen. Mit dem Mauerfall und den bewegten Neunziger Jahren zwischen besetzten Häusern und Künstlervierteln manifestierte sich die LGBT*-Bewegung endgültig in der Stadt.
Heute gilt Berlin als ein Zentrum der internationalen Szene und wartet mit unzähligen Clubs, Bars und Festivals auf. Ein Hotspot insbesondere der Schwulenszene findet sich rund um den Schöneberger Nollendorfplatz (vom Industriepalast Hostel in 15 Minuten mit der U1 zu erreichen), insbesondere in der angrenzenden Motzstraße ist die Subkultur in Kneipen, Bars, Clubs und Läden lebendig. Ein paar Straßen nördlich liegt außerdem das Schwule Museum, das in einer umfassenden Dauerausstellung und spannenden Sonderausstellungen queeres Leben in der Hauptstadt dokumentiert und soziologisch beleuchtet.
Auch in den Szenebezirken Kreuzberg, Friedrichshain und Prenzlauer Berg gibt es eine vielseitige LGBT*-Subkultur, Bars wie das Roses oder der Bierhimmel, beide in der Oranienstraße, sind feste Treffpunkte der Szene. Auch die Technoszene ist gay geprägt, weltbekannte Clubs wie das Berghain blicken auf eine stolze queere Tradition zurück. Berühmte Begegnungsorte sind auch der legendäre Club SO36, das SchwuZ in Neukölln, die Bar zum schmutzigen Hobby auf dem RAW-Gelände oder der freizügige KitKat-Club.
Leider fehlt es auch in einer offenen Weltstadt wie Berlin oftmals noch an der nötigen Akzeptanz, und so sehen sich Lesen, Schwule und Transsexuelle auch hier noch viel zu häufig Diskriminierung und Gewalt ausgesetzt. Zahlreiche Vereine und Organisationen kämpfen für die Rechte und eine breite gesellschaftliche Akzeptanz, und auf Festivals wie dem Schwul-Lesbischen Stadtfest in der Motzstraße oder dem Christopher-Street-Day (beide im Juni) feiert die Szene sich und ihren Kampf gegen Unterdrückung und Diskriminierung. Selbst auf der Berlinale wird jedes Jahr der queere „Teddy Award“ verliehen. Mehr Einblicke in die Szene, aktuelle Termine und Tipps findet ihr übrigens auf der Website Patroc.
Alles Liebe aus dem Industriepalast Hostel,
euer Simon
Blogger im Industiepalast Hostel