Jüdisches Berlin: Achse Berlin – Tel Aviv
Ob Museum, Synagoge oder hippes Szene-Café – es gibt es noch, das jüdische Leben in Berlin, den dunkelsten Kapiteln deutscher Geschichte zum Trotz. Und nach wie vor ist es eine ebenso spannende wie treibende Kraft in der Entwicklung der Bundeshauptstadt. Dabei ist die Geschichte Berlins eng und untrennbar mit den jüdischen Gemeinden hier verbunden. Wir vom Industriepalast Hostel haben uns auf Spurensuche begeben und erkunden gemeinsam mit euch in unserer neuen Serie Jüdisches Berlin die vielen Facetten jüdischer Kultur in der Metropole. Nachdem ihr im Jüdischen Museum bereits der Geschichte der Berliner Juden in und rund um das Scheunenviertel begegnet seid und mit dem Holocaust-Mahnmal einen einzigartigen Erinnerungsort kennenlernen durftet, haben wir euch letzte Woche die schmackhafte Seite der jüdischen Tradition in Berlin näher gebracht. Dabei hat das besondere (wieder-)aufleben einer jungen, jüdisch geprägten Szene in Berlin einen spannenden Hintergrund: Die Achse Berlin – Tel Aviv:
Rund 3.000 Kilometer und diverse Klimazonen trennen die beiden Städte, eine liegt am Mittelmeer, die andere im Brandenburgischen Flachland, und doch werden beide nicht selten im gleichen Atemzug genannt: Berlin und Tel Aviv. Kreative, hippe Metropolen gibt es viele auf der Welt, aber diese beiden haben eine besondere Verbindung. Warum das so ist? Lest weiter:
Start-up Heaven
Was haben 14 Kilometer Mittelmeerstrand und der schäbig-schicke Charme an der Spree gemeinsam? Die Antwort lautet: Start-Ups. Kaum irgendwo sonst auf der Welt schießen kleine, junge Unternehmen so vielfältig aus dem Boden wie in Berlin und Tel Aviv. Eine gesunde Infrastruktur für Entwickler, Designer und Erdenker findiger Geschäftsideen locken dabei in beiden Fällen Kreativköpfe aus dem In- und Ausland in die hippen Stadtviertel. Und wer sich zwischen Macbooks, Hornbrillen und gepflegten Hipsterbärten durch die Coffeeshops bewegt, kann schnell vergessen ob er sich in Florentin oder Neukölln befindet. In der Gründerszene galt Tel Aviv lange Zeit als Vorbild für die noch junge Szene in Berlin, immerhin kommt dort ein Start-Up auf etwa 400 Einwohner – Weltspitze. Aber steigende Mieten und die Lust auf eine neue Umgebung verleiten mehr und mehr junge Tel-Avivniks zum Umzug nach Berlin. Mittlerweile trifft man in den angesagten Stadtteilen der deutschen Hauptstadt zahlreiche israelische Expats und der Austausch zwischen Jungunternehmern beider Metropolen ist enorm.
Hipster Paradise
Start-Ups, Coffeeshops und junge Kreativköpfe? Moment, das klingt doch nach… genau, der selbsterklärt bedeutungslosesten Nicht-Bewegung aller Zeiten: dem Hipstertum. Wäre man versucht, eine Liste jener Städte zu machen, die am meisten dem Klischee der “Hipsterei” entsprechen, Berlin und Tel Aviv wären beide auf den vordersten Plätzen vertreten. Doch obwohl oft verschrien und gerne auf die Schippe genommen, Vintage-Klamottenläden, Craft-Beer und -Burger, Szeneclubs, guter Kaffee an jeder Straßenecke und eine nicht zu übertreffende Auswahl an veganen Restaurants haben nun wirklich etwas für sich. Tel Aviv ist zweifelsohne die angesagteste Stadt im mittleren Osten, Berlin gilt ohnehin als Hipster-Zentrum Europas. Dementsprechend groß ist auch der Austausch zwischen beiden Städten: Nicht nur Künstler und Musiker pendeln zwischen beiden Ländern, auch Modedesigner haben die jeweils andere Stadt für sich entdeckt. Schuh-Designerin Shani Bar etwa hat mittlerweile einen Store in Mitte und Designer Itamar Zechoval, der Dandy of the Grotesque, hat seine Basis komplett nach Berlin verlegt.
Queer und bunt
Was beide Städte eint, ist auch ihre generelle Offenheit gegenüber Schwulen, Lesben, Trans- und Intersexualität – oder kurz gesagt: Sei wie du bist, hier bist du willkommen. Die Tel Aviv Pride ist jedes Jahr eine der weltweit größten Veranstaltungen ihrer Art, wenn rund 200.000 Feierwütige den Strand in ein Meer aus Regenbogenflaggen verwandeln. Und Berlin? Gilt ohnehin als LGBTIQ-Mekka Europas, und hat nicht nur eine, sondern gleich zwei weltbekannte Pride-Veranstaltungen: Das Lesbisch-Schwule Stadtfest und der Christopher-Street-Day bringen jeweil mehrere hunderttausend Menschen auf die Straße. Berlin und Tel Aviv treffen sich eben auch unter dem Regenbogen.
Party nonstop
Was bleibt am Ende des Tages von der Achse Berlin – Tel Aviv? Keine Frage, das Nachtleben! Insider und Kenner wissen: Feiern wie in diesen beiden Städten kann man nirgends sonst. Das hat auch mit der offenen Kulturpolitik beider Städte zu tun: Sperrstunden kennt man weder hier noch dort, und wann die Nacht zu Ende ist, bestimmt man eben immer selbst. Partys, die über Tage hinweg gehen, und natürlich die zugehörige Musikszene, das eint. Was Berlin in Sachen Start-Up von Tel Aviv lernen konnte, lernt Tel Aviv von Berlins Techno-Szene, und mehr und mehr Clubs setzen auf handgedrehten, vinyl-lastigen House und Techno. Der elektronische Untergrund blüht in beiden Städten, und der Austausch ist riesig – wer zum Auflegen nach Tel Aviv fliegt hat sicher auch schon in einem der weltberühmten Berliner Nachtclubs die Plattenspieler bedient. Und ob man zur Afterhour an den (Spree-)Strand geht oder in die längst schon wieder geöffnete Szenebar ist dann auch nur noch eine Frage des Geschmacks.
Die Beziehung von Israel und Deutschland ist längst nicht mehr nur Teil des Geschichtsunterrichts, das jüdische Leben in Berlin ist jung, kreativ und angesagt. Was Tel Aviv und Berlin eint sind Offenheit und Toleranz, das künstlerische Leben und der Drang zur Freiheit – und fantastische Falafel an jeder Straßenecke. In jedem Fall sollten beide Städte ganz oben auf eurer Bucketlist stehen. Bucht am besten direkt euer Bett im Industriepalast Hostel Berlin und erkundet die deutsche Hauptstadt auf eigene Faust – und nach ein paar Tagen dann ab in den Flieger nach Tel Aviv.
Viel Spaß beim Entdecken,
euer Simon
Blogger @IndustriepalastHostel