Spurensuche: Sowjetisches Berlin

 In Berlin entdecken, Echt Berlin

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Die Geschichte der Stadt Berlin ist über lange Jahre die Geschichte einer geteilten Stadt. Als Hauptstadt der sozialistischen Deutschen Demokratischen Republik, kurz DDR, war Ostberlin daher in vielerlei Hinsicht das Tor zur Sowjetunion. Zwar war die DDR selbst nie Teil der UdSSR, als so genannter Satellitenstaat der Sowjetunion stand man Moskau bis zum Mauerfall 1989 aber dennoch sehr nah. Es ist daher wenig überraschend, dass sich in der Stadt bis heute zahlreiche Spuren der Sowjets finden. Wir vom Industriepalast Hostel haben uns auf die Suche gemacht und ein paar eindrucksvolle und geschichtsträchtige Orte gefunden, in denen ihr noch heute einen sowjetischen Hauch des kalten Krieges spüren könnt:

Sowjetische Ehrenmäler

Sowjetisches Berlin

Es ist ein unwirklicher Ort, mitten in der Hauptstadt: Zwischen den mächtigen Laubbäumen des Treptower Parks eröffnet sich plötzlich der Blick auf eine riesige Anlage, geometrisch, groß, gewaltig. Durch ein Bogenportal, über dem auf russisch und deutsch “Ewiger Ruhm den Helden” in den Stein gemeiselt ist, gelangen wir auf den Vorplatz des Sowjetischen Ehrenmals im Treptower Park, wo eine drei Meter große Granitfigur, “Mutter Heimat”, um ihre gefallenen Söhne trauert. Von ihr geht der Blick über den von Trauerbirken gesäumten Weg bis zu zwei riesigen, stilisierten Fahnen aus rotem Granit. Dahinter das Zentrum der Anlage, ein symbolisches Gräberfeld, gesäumt von weißen Särgen. Und über all dem wacht “Der Befreier”: Ein zwölf Meter hoher und 70 Tonnen schwerer Bronzesoldat mit gezücktem Schwert und einem kleinen Kind auf dem Arm. Mit schweren Stiefeln zertritt er unmissverständlich ein Hakenkreuz, den Blick auf den Horizont gerichtet. Hättet ihr so in Berlin sicherlich nicht erwartet, oder?

Berlin Sowjetisches Ehrenmal Tiergarten

Das Denkmal im Treptower Park ist eines von drei sowjetischen Ehrenmälern, welche die Rote Armee ab 1945 in Berlin errichten ließ. In direkter Nachbarschaft zum Brandenburger Tor  mitten im Tiergarten findet sich ein zweites, etwas kleineres Ehrenmal, das jedoch an einer überaus interessanten Stelle steht: Hitlers Architekt Albert Speer hatte hier eine gigantische “Siegesallee” für die “Welthauptstadt Germania” geplant. Das bereits 1945 errichtete Sowjetische Ehrenmal steht diesem zerstörten Plan also auch symbolisch im Wege. Teil der Anlage sind auch zwei echte russische Panzer und zwei große Geschütze, die bei der Schlacht um Berlin im Einsatz waren. Interessant ist auch, das sich das Ehrenmal im damaligen britischen Sektor und damit in Westberlin befindet, das wie eine westdeutsche Insel innerhalb der DDR lag. Vor der Wiedervereinigung stellte es also in gewisser Weise eine sowjetische Insel innerhalb der westberliner Insel dar.
Das dritte sowjetische Ehrenmal ist übrigens ebenfalls erhalten, ihr findet es im Volkspark Schönholzer Heide im Norden der Hauptstadt.

Denkmäler Berlin

Café und Kino mit Stalin

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Moskau am nächsten kommt man in Berlin wohl in der Friedrichshainer Karl-Marx-Allee: Vom Frankfurter Tor bis kurz vor den Alexanderplatz erstrecken sich über gut eineinhalb Kilometer die so genannten Stalinbauten – lange, imposante Wohnblöcke im Stile des sozialistischen Realismus’. Die als “Arbeiterpaläste” Mitte der 1950er Jahre errichteten Wohngebäude mit den repräsentativen Turmbauten am westlichen (Strausberger Platz) und östlichen (Frankfurter Tor) Ende erinnern nicht zufällig an die Großbauten aus der Stalin-Ära in Moskau: Bereits 1950 reiste eine Regierungsdelegation der DDR nach Moskau, St. Petersburg und andere Sowjet-Städte um aus dem dortigen Städtebau Vorbilder für die Gestaltung der damals Stalinallee genannten Prachtstraße in Ostberlin zu ziehen.

Der gefühlten Nähe zu Moskau entsprechend eröffnete am östlichen Ende der Allee Anfang der 1960er Jahre das bekannte Café Moskau, ein eindrucksvoller Modernismus-Bau mit transparenter Fassade. Als “Nationalitätenrestaurant” mit russischem Bezug war es eine der beliebtesten und feinsten Adressen der DDR und hat bis heute einen gewissen Kultstatus inne, nicht zuletzt auch wegen dem originalgetreuen Nachbau des ersten Sputnik-Satelliten auf dem Dach. Heute ist das denkmalgeschützte Gebäude eine begehrte Event-Location und beherbergt außerdem im Keller den angesagten Nachtclub Avenue.

Aus der Feder des gleichen Architekten, Josef Kaiser, stammt übrigens auch das direkt gegenüber gelegene Kino International, Premierenkino und Stolz der DDR-Filmwirtschaft. Im prächtigen Foyer mit der großen Panoramawand mit Blick aufs Café Moskau trafen sich bei Filmpremieren also Politiker und Prominente diesseits des eisernen Vorhangs. Das Kino International ist heute übrigens ein reguläres Programmkino und regelmäßiger Spielort der Berlinale.

Deutsch-Russisches Museum

Zugegeben, das Deutsch-Russische Museum in Berlin-Karlshorst liegt ein wenig außerhalb der Innenstadt und damit auch abseits der üblichen Pfade. Dennoch bildet es in vielerlei Hinsicht den perfekten Abschluss unserer Sowjet-Spurensuche in Berlin. Schließlich wurde in diesem Gebäude – einem ehemaligen Offiziers-Casino der SS – im Jahr 1945 die bedingungslose Kapitulation der deutschen Wehrmacht unterzeichnet, und die Sowjetunion somit offiziell Siegermacht des zweiten Weltkrieges. Schon zu DDR-Zeiten war hier ein Museum eingerichtet, seit der Sanierung 2013 findet ihr nun aber auf gut tausend Quadratmetern eine spannende und informative Dauerausstellung zur Geschichte der Beziehungen zwischen Deutschland und der Sowjetunion zwischen 1917 und 1990. Näher kommt ihr der historischen UdSSR außerhalb Russlands wohl nirgends. Und vom Industriepalast Hostel seid ihr mit der S-Bahn in gerade einmal 15 Minuten dort.

Neugierig geworden? Dann begebt euch doch auch auf Spurensuche hier in Berlin und entdeckt ein paar stumme Zeugen einer bewegten Vergangenheit.

Скоро увидимся und bis bald,

euer Simon

Blogger @IndustriepalastHostel

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